Die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens dar. Obgleich mit Vorfreude erwartet, kann die ePA für den Kundenservice von Krankenkassen zu einer massiven Herausforderung werden. Aktuellen Schätzungen von Deloitte* zufolge, erwägen bis zu 28 Mio. Versicherte, der automatischen Aufnahmen in die ePA zu widersprechen (sog. Opt-Out). Das würde den Beratungsbedarf im Kundenservice drastisch erhöhen und die Auslastung in Contact Centern an die Spitze treiben.
Hohe Belastung für Contact Center
Bereits gegenwärtig stehen Contact Center unter enormem Druck, schnellen und kompetenten Service zu liefern und den wachsenden Erwartungen an den modernen Service gerecht zu werden. Sollten die potenziellen Widersprechenden sich alle an den Kundenservice ihrer Krankenkasse wenden, würde dies eine enorme Belastung für Mitarbeitende im Service darstellen – diese ist angesichts der hohen Zahl von Opt-Out-Interessenten keineswegs zu unterschätzen. Vorhandene Kapazitäten wären schnell ausgeschöpft, Mitarbeitende von komplexen Fällen und der Informationsflut schlichtweg überfordert. Viele Versicherte werden konkrete Informationen zu Datenschutz, technischen Fragen und individuellen Umständen benötigen, die fundierten und rechtlich fehlerfreien Antworten bedürfen. In extremen Fällen müssten Anrufende stundenlang in der Warteschleife ausharren, um an den richtigen Mitarbeitenden zu gelangen. Derartige Wartezeiten und unbefriedigende Erlebnisse könnten das Vertrauen von Versicherten in ihre Krankenkasse dauerhaft untergraben und zu erhöhten Abbruchraten am Telefon sowie zu einer höheren Arbeitsbelastung und zunehmendem Druck auf die Mitarbeitenden führen.
KI-Agenten als Schlüssel zur Entlastung
In Situationen wie diesen können gestützte Technologien effektiv Abhilfe verschaffen. Ohne den Einsatz von KI-Agenten stellt der enorme Anfragenansturm eine massive Herausforderung dar, die sich ohne Qualitätsverluste im Service kaum bewältigen lässt. Eine Lösung durch verstärkten Personaleinsatz erscheint angesichts des hohen Zeit- und Kostendrucks wenig praktikabel. Die Rekrutierung, Einarbeitung und Schulung hunderter neuer Mitarbeitender innerhalb der kurzen Frist bis zur Einführung der elektronischen Patientenakte wäre kaum umsetzbar. Vielmehr können KI-Agenten die Bearbeitung von Standardanfragen automatisieren – etwa Fragen zur Funktionsweise der ePA oder zum Opt-Out-Verfahren – und damit die Arbeitsbelastung für Mitarbeitende verringern. Zu solchen Standardanfragen gehören nicht zuletzt auch die oft als repetitiv wahrgenommene Identitätsprüfung von Anrufenden.
Doch nicht nur bei routinemäßigen Abläufen entlasten KI-Agenten den Kundenservice – auch in Zeiten plötzlicher Auslastungsspitzen bearbeiten sie problemlos zehntausende Anfragen gleichzeitig. So haben Servicemitarbeitende mehr Zeit, sich hochkomplexen Anliegen und denjenigen Fällen, die menschliches Feingefühl verlangen, zu widmen. In solchen Fällen besteht die Aufgabe von KI-Agenten darin, komplexe Anfragen vorzufiltern, um sie an geeignete Mitarbeitende weiterzuleiten. Im Hintergrund bleibt der KI-Agent aktiv und kann Handlungsempfehlungen aussprechen und relevante Informationen in Echtzeit bereitstellen. Dadurch lassen sich Prozesse effizienter gestalten und Wartezeiten reduzieren – ein entscheidender Faktor, um den gestiegenen Anforderungen an den Kundenservice gerecht zu werden.
Praxiserfahrungen aus unterschiedlichen Branchen
Dass KI-Agenten Contact Center nicht nur kurzfristig entlasten, sondern langfristigen Mehrwert schaffen, zeigt der Blick auf Erfahrungen aus verschiedenen Branchen. ARAG, einer der führenden Rechtsschutzversicherer, verringerte die Bearbeitungszeit bei Anrufen um durchschnittlich 50-60 Sekunden und reduzierte die Abbruchrate in Warteschleifen drastisch. Die Lufthansa bewältigt Auslastungsspitzen mit bis zu 375.000 Gesprächen pro Tag mit KI-Agenten. Ein weiteres Beispiel ist Virgin Pulse, die bereits einen Monat nach Einführung von KI-Lösungen im Contact Center einen Automatisierungsgrad von 40% erreichten oder Frontier Airlines, die monatlich 800.000 Anfragen mithilfe von KI abwickeln.
Solche Beispiele verdeutlichen die Unabdingbarkeit intelligenter Technologien im Service, um Anfragen dieser Größenordnung effizient zu bewältigen. Daher gilt: Der Grundstein für ein widerstandsfähiges widerstandsfähiges, effizientes und hochautomatisiertes Contact Center ist daher die strategisch durchdachte Integration von KI-Technologien – auch in Zeiten, in denen die Aufmerksamkeit für die ePA längst wieder nachgelassen hat.
Fazit
Die Einführung der ePA markiert den Auftakt zu einer umfassenden digitalen Transformation des deutschen Gesundheitswesens. Krankenkassen, die frühzeitig in zukunftssichere Technologien und effiziente Prozesse investieren, werden nicht nur die Herausforderungen im Zusammenhang mit der ePA souverän bewältigen, sondern auch künftigen Veränderungen gelassen entgegensehen können. Mit einer klaren Strategie eröffnet sich die Chance, die ePA nicht allein als technische Neuerung zu betrachten, sondern als Hebel zur Stärkung des Vertrauens der Versicherten, zur Steigerung der Kundenzufriedenheit und zum Aufbau eines Contact Centers, das den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist.